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Stockholmer Stadtmuseum

Szene im Stockholmer Stadtmuseum

Hier wird Geschichte lebendig!

Das Stockholmer Stadtmuseum ist definitiv einen Besuch wert! Nicht nur, weil der Eintritt frei ist (wie übrigens in vielen Museen in Stockholm), sondern auch, weil du hier mit allen Sinnen auf Zeitreise gehst.

Die Ausstellung bietet für Augen, Ohren, Nase und Hände eine abwechslungsreiche Erfahrung und lässt dich voll und ganz in die Stadtgeschichte eintauchen.

Stadtmuseum in historischen Mauern

Das Stockholmer Stadtmuseum verfügt über 300.000 Exponate, über 20.000 Kunstwerke und rund drei Millionen Fotografien. Die passen leider nicht alle ins Museum und wurden teilweise ausgelagert. Dennoch solltest du unbedingt etwas Zeit mitbringen – in einer Stunde ist man da nicht durchgelaufen.

Das Gebäude des Museums nutzt die alten Stadtmauern aus dem Jahr 1647 und befindet sich direkt an der U-Bahn-Haltestelle Slussen. Adresse: Ryssgården, 116 46 Stockholm, Schweden

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Södra Stadshuset

Ursprünglich war das Stockholmer Stadtmuseum ein Rathaus, das sogenannte „Södra Stadshuset“. Im Jahr 1680 stellte der Architekt Nicodemus Tessin der Ältere, einer der bedeutendsten Architekten Schwedens, das Gebäude fertig.

Über die Jahrhunderte beherbergte das Gebäude dann jedoch die unterschiedlichsten Etablissements. Das Gebäude wurde als Gerichtssaal, Kirche, Fabrik, Theater, Steuerbüro, Wohnhaus und kommunale Wäscherei genutzt.

Im 18. Jahrhundert befand sich hier die beliebteste Kneipe Stockholms – und das will etwas heißen, denn zur damaligen Zeit gab es etwa 700 Tavernen in der Stadt. An Original-Stelle wurde der Bierkeller für das Museum wieder hergerichtet. Man orientierte sich dabei an den Beschreibungen aus dem Jahr 1748.

Räumlichkeiten der Södra Stadshuskaellaren
Beliebte Taverne: Södra Stadshuskaellaren

Du betrittst den Raum nicht als Besucher, sondern als Gast. Der karge Saal mit seinen ebenso kargen Holzbänken und Tischen ist von einem unbestimmten Stimmengewirr erfüllt – ganz so, wie es damals gewesen sein muss, als die Taverne brechend voll war. Ein Beamer wirft die Silhouette zweier namenlose Gäste an die Wand, die in ein Gespräch vertieft sind.

Beamer-Projektion im Södra Stadshuskaellaren
Worüber diese beiden Herren wohl gerade sprechen?

Dabei waren die Gäste hier im Allgemeinen alles andere als namenlos. Man sagt sich, dass Maria Kristina Kiellström, besser bekannt als Ulla Winblad aus den Gedichten von Carl Michael Bellmann, regelmäßig ein- und ausging. Ebenso König Friedrich I. mit seiner Geliebten Hedwig Ulrike Taube von Odenkat, Carl Linnaeus und Carl Michael Bellman.

Das Stadshuset wird zum Museum

Im Zuge der bevorstehenden Umbaumaßnahmen in Slussen in den 1920er Jahren wurde kurz darüber diskutiert, das Haus abzureißen. Glücklicherweise entschied man sich dagegen und beschloss, ein Museum daraus zu machen. Schließlich wurde 1942 das Stockholmer Stadtmuseum eröffnet.

Von 2015 bis 2019 befand sich das Museum in einer Renovierungs- und Modernisierungsphase, bis es am 27. April 2019 in seiner heutigen Form wieder fürs Publikum öffnete.

Eingangsbereich des Stockholmer Stadtmuseums
Eingang zum Stockholmer Stadtmuseum

Stockholm – die königliche Stadt

Betreten wir nun also dieses historische Gebäude und starten unseren Rundgang durch das Museum. Wir beginnen im 16. Jahrhundert.

Zur damaligen Zeit befand sich Stockholm in vielerlei Hinsicht im Umbruch. Im Jahr 1527 begann in Schweden die Reformation. Das bis dahin katholisch geprägte Land wurde unter König Gustav Vasa evangelisch.

Der Monarch ließ katholische Kirchen abreißen, um deren Steine für Schutzwälle und Wachtürme und deren Schätze zur Begleichung von Staatsschulden zu nutzen.

Zudem wurden in der Stadt viele der leicht brennbaren Holzhäuser durch massive Steingebäude ersetzt. Die umfangreichen Bauvorhaben ließen neue Jobs entstehen, woraufhin Menschen aus ganz Europa nach Stockholm kamen. Der Ryssgården, ein über 200 Jahre lang währendes Zentrum für russische Händler, zeugt noch heute davon. Der Platz befindet sich unmittelbar vor dem Museum.

Im Museum wird der Ryssgården plastisch nachgestellt – mit Verkaufsbude und einer täuschend echt wirkenden Wachsfigur.

Szene auf dem früheren Ryssgården
Händler auf dem Ryssgården im 16. Jahrhundert – Stockholmer Stadtmuseum

Stockholm wird Hauptstadt

Im 17. Jahrhundert wird Stockholm zur Hauptstadt von Schweden. Das spiegelt sich auch in der Architektur wider. In Södermalm und Norrmalm werden breite Magistralen errichtet und Adlige bauen prachtvolle Häuser.

Gleichzeitig finden Hexenverbrennungen statt, ist das Land immerzu im Krieg mit anderen Staaten und wird letztendlich im Jahr 1710 von der Pest heimgesucht, die mindestens ein Drittel der Bevölkerung auslöscht.

Während die einen ihren Reichtum genießen, leiden andere unter Verfolgung, Hunger, Krankheit und Tod.

Dieser Kontrast wird im Museum besonders in einem barocken Tisch-Arrangement deutlich. Bunte Blumen und exotische Früchte werden hier mit einem Totenschädel kombiniert. Als stete Erinnerung, dass der Tod stets um die Ecke lauert.

Barockes Stillleben im Stockholmer Stadtmuseum
Memento Mori – Barockes Stillleben im Stockholmer Stadtmuseum

Stockholm als Handelszentrum

In den Jahren 1720 bis 1860 entwickelte sich Stockholm zum Handelszentrum Schwedens. Gut 70 Prozent aller Exportgeschäfte passierten die Hauptstadt. Besonders das Gebiet um Skeppsbron boomte. Die Handelshäuser und deren Flotten waren Arbeitsstätte für viele Stockholmer. Hier ließ sich mit exotischen Kolonialwaren gutes Geld verdienen.

Szene eines reichen Händlers
Wohlhabender Händler aus Stockholm/Skeppsbron

Theater – Treffpunkt aller sozialen Schichten

Das Theater war ein Ort, der ins Reich der Phantasie entführte. Hier wurde Musik, Romantik und Drama geboten und es kamen alle Teile der Gesellschaft zusammen. Die perfekte Gelegenheit, um Neuigkeiten und Gerüchte auszutauschen.

Im Musem kommt ihr dieser magischen Welt buchstäblich zum Greifen nah. Requisiten und Kleider, Schuhe und Hüte sind hier auf eine Weise drapiert, dass man in Versuchung gerät, sie sich zu schnappen und damit die Bühne zu betreten.

Die Arbeit am Theater allerdings war hart und schlecht bezahlt. Frauen hatten es besonders schwer. Zwei Damen schafften es dennoch zu großem Erfolg: Die eine ist Emilie Högqvist. Sie arbeitete am Schwedischen Nationaltheater und wurde später sogar die Mätresse von König Oskar I.

Die andere ist Jenny Lind, die „schwedische Nachtigall“. Nach ihrem Debüt 1838 als Agathe in Webers „Der Freischütz“ startete ihre Karriere durch und Lind wurde weltberühmt. In den Jahren 1850 bis 1852 nahm der Zirkuspionier P. T. Barnum sie auf große Tournee durch die USA. Dies wird im Film „The Greatest Showman“ (2017) aufgegriffen, wo Lind von Rebecca Ferguson gespielt wird.

Portrait Jenny Lind
Jenny Lind, Porträt von Eduard Magnus im Stockholmer Stadtmuseum

Doch nicht nur aufgrund des Unterhaltungsprogrammes stieg die Lebensqualität in Stockholm. Im 19. Jahrhundert hielt auch fließendes Wasser und eine Kanalisation Einzug in die Stadt. Auch wenn die Familien nach wie vor auf beengtem Wohnraum lebten, hatte dies zur Folge, dass die Sterblichkeitsrate extrem sank.

Arrangement einer Stockholmer Straße im 19. Jahrhundert
Stockholms Straßen Ende des 19. Jahrhunderts

Die Arbeiterwohnung der Familie Pihlqvist

Eine der Arbeiterwohnungen aus dem späten 19. Jahrhundert ist im Dachgeschoss des Stockholmer Stadtmuseums sogar noch erhalten. In der winzigen Zweiraumwohnung lebte Familie Pihlqvist von 1891 bis 1931.

Familie Pihlqvist, das sind Mutter Charlotta Albertina, Vater Olof sowie deren Kinder Selma and Gustav. Während sich Albertina um die Kinder und den Haushalt kümmerte, arbeitete Olof bei „Krooks Petrolium & Olje“ in Skeppsbron.

Auch wenn die Familie äußerst beengt lebte (abends wurden Möbel verrückt und Betten ausgeklappt), so hatte sie doch Glück, eine Wohnung in Södermalm zu finden.

Ihr könnt nun, gut 100 Jahr später, diese Wohnung betreten und findet sie so eingerichtet vor, wie es um 1900 üblich war. Spätestens jetzt, wenn ihr an Familie Pihlqvists Küchentisch sitzt und den Geruch der alten Möbel einatmet, solltet ihr vergessen haben, welches Jahr wir gerade schreiben.

Die Reste vom Frühstück auf dem Tisch und die zum Trocknen aufgehängten Sachen vorm Kachelofen erwecken den Eindruck, dass die Bewohner nur kurz den Raum verlassen haben.

Wohnzimmer der Familie Pihlqvist
Das Wohnzimmer der Familie Pihlqvist

Im spärlich eingerichteten Nachbarraum befindet sich eine Bank, ein Tisch, eine Kommode und ein weiterer Kachelofen sowie eine Nische mit Bett. Feuerholz und frisches Wasser zum Kochen und Waschen musste die Familie aus dem Keller bis ins Dachgeschoss tragen.

Stapel Feuerholz
Feuerholz im Wohnzimmer der Familie Pihlqvist

Ich persönlich empfand die Pihlquvist-Wohnung als Highlight im Stockholmer Stadtmuseum. Die Räume hatten ihren eigenen Geruch und ein besonderes Flair, was mich unmittelbar in ihren Bann gezogen hat.

Industriestadt Stockholm

Im späten 19. Jahrhundert zogen immer mehr Menschen vom Land in die Stadt. Die Landwirtschaft wurde mechanisiert und bot nicht mehr genügend Jobs, während in Stockholm Fabrikarbeiter, Dienstmädchen und Knechte sowie Verkäufer und Büroleute gebraucht wurden.

Für Umzug verpackte Kisten und Koffer
Migration vom Land in die Stadt

Durch den Zufluss an Arbeitskräften blühte die Stadt deutlich auf, Elektrizität und Gasanschlüsse machten das Leben deutlich angenehmer. Stockholm begann, über seine Stadtgrenzen hinauszuwachsen und es bildeten sich die ersten Vororte. Dank der neuen Eisenbahnlinien konnten Saisonarbeiter bequem zwischen Hauptstadt und ländlicher Gegend pendeln.

Gegen die harten Arbeitsbedingungen in den Fabriken formierte sich schnell Widerstand in Form von Gewerkschaften. Diese kämpften gegen die ungleiche Behandlung von Klassen und Geschlechtern, zu lange Arbeitstage und Kinderarbeit. Zudem engagierten sich Stockholmer in der Abstinenzbewegung, in freien Kirchen und Sportclubs.

Apropos harte Arbeitsbedingungen… Im Industrie-Teil des Museums hast du die Möglichkeit, deine Fähigkeiten als Fabrikarbeiter zu testen. Es stehen dir dazu Bierflaschen zur Verfügung, die du von einer Kiste in einer andere umsortieren sollst – und zwar noch bevor die Sanduhr abgelaufen ist.

Kisten mit Bierflaschen-Attrappen
Flaschen sortieren – Alltag der Fabrikarbeiterinnen

Stockholm, Stadt der Moderne

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hält die Moderne Einzug in Stockholm. Es gab motorisierten Verkehr und Einkaufsmeilen. Stockholms erstes Mode-Kaufhaus Nordiska Kompaniet (NK) öffnete 1915 und ist noch heute ein Shopping Center.

Die Ware wurde hier großzügig ausgelegt, damit die Kundschaft in Ruhe durch die Gänge streifen und die Kleidungsstücke begutachten konnte. Das NK legte von Anfang an Wert darauf, Kunden aus allen sozialen Schichten zu bedienen. So gab es eine Abteilung mit Mode für den kleinen Geldbeutel und exklusivere Bereiche, die den wohlhabenden Bürgern Stockholms vorbehalten waren.

Du selbst kannst im Museum in die Rolle eines reichen Stockholmers schlüpfen und den noblen Ankleideraum betreten, in dem dich (virtuelle) Bedienstete freundlich empfangen.

Einkleidezimmer für Damen
Erlesene Ware im Nordiska Kompaniet

Außerdem etablierte sich ein buntes Nachtleben in der Hauptstadt. Es gab Kinos, Restaurants und Nachtclubs, in denen die jungen Leute ausgelassen zu „neumodischer“ Musik tanzten – sehr zur Missbilligung der älteren Generationen.

Stockholm bot einfach alles und vor allem eines: Anonymität. Mit dieser ging auch eine große Freiheit einher.

Stockholm heute

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges boomte die Wirtschaft im ganzen Land. Damit einhergehend erhöhte sich der Lebensstandard vieler Menschen.

Die U-Bahn-Linien wurden kontinuierlich ausgebaut und es entstanden weitere Vororte, in denen sich häufig Migranten ansiedelten. Trotz folkhemmet, dem „Zuhause für alle Menschen“, waren zwar nicht alle Einwanderer willkommen, dennoch wurde die Stadt internationaler, größer, offener. Bis sie zur heutigen Multikulti-Stadt heranreifte, die pro Jahr über 2,5 Millionen Touristen anzieht.

Stockholmer U-Bahn-Schild
U-Bahn-Schild im Stockholmer Stadtmuseum

Und damit sind wir am Ende unseres Rundgangs durch das Stockholmer Stadtmuseum angekommen. Wer mag, kann sich im angeschlossenen Souvenir-Shop noch ein Andenken kaufen. Hier gibt es typische Mitbringsel wie Magnete oder Tassen, aber auch außergewöhnliche Postkartenmotive und spannende Literatur über die Stadt.

Wenn euch der Museumsbesuch hungrig gemacht hat, findet ihr Richtung Süden auf der Götgatan jede Menge Restaurants und Bars. Alternativ könnt ihr euch im nördlich gelegenen Stadtteil Gamla Stan eine Einkehr suchen. Beides ist nur einen Steinwurf vom Museum entfernt.

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